„Man kann richtig süchtig danach werden“ oder: „Das kann man unmöglich alleine schaffen!“ und: „Pass nur auf, dass du noch frei bist zu spielen“ sind typische Bemerkungen, wenn es um dokumentarische Verfahren in der Literatur geht. Deren Herausforderungen wollen wir gemeinsam begegnen. Denn ob Interview, Gespräch, Transkription, Textrecherche, Archivarbeit, teilnehmende Beobachtung, mediale Übersetzung, kollektive Recherchen, sie alle begleiten die Arbeit an Romanen, Gedichten, Theatertexten wie Drehbüchern. Wie sieht es auf unseren Schreibtischen aus? Dieses explizite Werkstattseminar soll anhand der einzelnen Verfahren die fortlaufenden Projekte unterstützen, und Problematiken und Chancen begegnen, die in der Anwendung dieser Verfahren liegen. Zur Hilfe nehmen wir uns einzelne Beispiele der Gegenwartsliteratur vor und laden Gesprächspartner*innen ein, die uns aus ihren Erfahrungen als investigative Journalist*innen, kollaborative Theatermenschen, Sprachsammler*innen berichten können.

"Freilich bräuchte ich, um unserem Thema zu entsprechen, hier vor Ihnen nichts anderes zu tun, als zu essen und zu trinken - eine Voraussetzung aller Poesie." Das sagte Ernst Jandl vor 40 Jahren in seiner berühmten Poetikvorlesung. Das heißt: zunächst schrieb er den Satz vermutlich auf, tippte ihn sicherlich in seine Schreibmaschine. Die Vorstellung von Oralität in der Literatur ist im deutschsprachigen Betrieb noch immer stark geprägt von einem "Sprechen nach der Schrift" - der sogenannten Lesung, dem Vortrag. Zugleich gibt es ein wachsendes Bewusstsein für kulturelle Techniken der Speicherung und Vermittlung von Wissen jenseits des Buchs: die mündliche Überlieferung, die Zeugenschaft, das kollektive Gedächtnis. Was heißt das für die Literatur? Was kann das womöglich für unsere literarische Praxis heißen, auch im Hinblick auf die allgegenwärtigen Krisen nicht nur des Buchmarktes? Anhand von historischen und gegenwärtigen Beispielen, aber auch praktischen Übungen werden wir unter anderem über Formeln und Rituale, Rhetorik und Stimme ("Manipulation"), Geskriptetes Sprechen, Memoriertechniken, Improvisation, Handicaps und Konzepte sprechen. Große Bühnen-Events wie sie etwa die Spoken-Word-Szene etabliert hat, werden ebenso in den Blick genommen wie auditive Erzählformen und aktuelle performative Experimente - auch jenseits der Live-Situation. Non-german/native speakers welcome! Non-writing artists welcome!

In diesem Seminar befassen wir uns mit der Frage, wie wir im Bezug auf das Gedicht im Schreibprozess mit Wissen, wissenschaftlichen Informationen und anderen sachlichen Inhalten umgehen wollen. Auf welche Weise findet kritisches Material Eingang in das Gedicht? Und was passiert dort mit dem Material? Ist es überhaupt noch erkennbar? Gibt es weiterhin Auskunft? Wie verändern sich Informationen nach ihrer poetischen Bearbeitung? Wie kann ich dafür sorgen, dass mein Material nicht an Aussagekraft verliert und womöglich zur reinen Staffage absinkt – und gleichzeitig ein formal entschiedenes sprachliches Konzept realisieren? Als ein wiederkehrendes Motiv dient uns hier, neben anderen Beispielen, die Wolke, als Metapher für Materialisierung und Dematerialsierung, als Euphemismus, als Cloud, als Bild eines weltumfassenden Archives und als klimatisches sowie atomares menschengemachtes Phänomen.

In diesem Seminar befassen wir uns mit verschiedenen Typen von Auftragstexten. Immer im Wechsel betrachten wir in einer Sitzung die formalen, zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben der jeweiligen Aufgabe, auch anhand von einigen prototypischen Beispielen, und besprechen in der nächsten Sitzung die eigenen praktischen Realisierungen. Dazu gehören: Die Laudatio. Der Nachruf. Der Katalogbeitrag. Texte zur Gegenwartskunst. Schreiben im öffentlichen Raum. Schreiben über Musik: oder Die Plattenkritik. Die Leseliste ist offen für Vorschläge. Zudem wird die (un)bekannte Ghostwriterin Elfe Brandenburger im Seminar zu Gast sein und aus ihrer Praxis berichten. In Kooperation mit der Temporary Gallery, Zentrum für zeitgenössische Kunst e.V. und dem Kunstprojekt "Panorama-Waidmarkt".